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Dienstag, 20. Juni 2006 - 20h07
© Richard K. Breuer

 

"Unsere Spieler können 50-Meter-Pässe spielen.
5 Meter weit und 45 Meter hoch."
(Uwe Klimaschewski) *)

In gut zwei Stunden beginnt das WM-Spiel England vs. Schweden – da geht es immerhin um die Wurst, für die Schweden jedenfalls. Und wenn alles schief läuft (für die Schweden), dann kickt im Achtelfinale Trinidad & Tobago. Das ist vermutlich so wahr- scheinlich, als würde ich morgen einen Anruf von Rowohlt bekommen. Aber im Fußball ist bekanntlich alles möglich. Nur nicht im richtigen Leben. Oder?


Anstoß. Also gut, es hat sich einiges getan, seit meiner letzten Gedanken- fülle No. 8. Ja, in der Zwischenzeit konnte ich „Rotkäppchen 2069“ ver- öffentlichen. Gut, hier muss ich natürlich anfügen (bevor es die gut- meinenden Querulanten und freundlichen Neider machen), dass ich es war, der das Buch veröffentlichte – oder mit einfachen, aber leider, leider nach Misserfolg riechenden Worten: im Eigenverlag. Das macht einen Unterschied, davon kann ich ein Lied singen – obwohl ich noch nie gesungen habe (auf mein österreichisches Unbewusstes ist Verlass – es verdrängt alles Unangenehme), weiß ich, wovon ich rede. Es ist ja eigentlich eine eigenartige, beinahe lustige Sache: denn hätt ich einen Kleinverlag gefunden, was wäre so großartig anders? Dass die restlichen 100 Stück nicht bei mir im Kasten liegen (und warten, verhökert, verschenkt, verbrannt und dergleichen mehr, zu werden), sondern im Verlag mit Tausenden von anderen Büchern verstauben? Platz hab ich ja (noch) genug zu Haus, also wen stört's? Es ist nun mal die ewige Leier, die gezupft wird – wer andere nicht überzeugen kann, hat nichts Über- zeugendes geleistet. Genug der ewigen Sülzerei (wird dem Wiener in die Gene gelegt) – Strich drunter! Jetzt wird nach vorne geflankt.

Pass angekommen. Buch geschrieben, Traum erfüllt, und damit das ersehnte erste Tor gemacht. Jetzt sollte Ruhe in die Mannschaft kommen, werde ich befreit aufspielen und neue Buchprojekte in Angriff nehmen können. Das heißt aber nicht, dass ich jetzt blindlings nach vorne stürmen und meine Abwehr entblößen darf.  Denn wenn es dumm läuft, dann verliere ich den Ball in der Vorwärtsbewegung, kann der Gegner kontern und ich mir einen schmerzlichen Gegentreffer einhandeln. Das will ich mir jetzt gar nicht ausmalen, wie nervös und zerfahren das Spiel dann werden würde. Nein, ich muss den Ball in den eigenen Reihen halten, darf die Konzentration und (vor allem) die Lust am Spielen nicht verlieren. Es wird (wie so oft im Leben) ein Geduldsspiel, eine Sache von Zeit und Aufmerksamkeit und Konsequenz und (freilich) der nötigen Portion Glück (die man immer nur dann hat, wenn man dem Ball nachläuft, versucht Pressing zu spielen - von alleine rollt einem der Ball selten vor die Füße).

Zurück zum (Elfmeter)Punkt und zur Publikation. Vor ein paar Tagen traf ich L., die eine Art von Praktikum im Wiener Literaturhaus absolviert. Sie meinte, ich solle doch einmal bei ihr vorbeischauen und mein Buch mitbringen. Was ich auch tat. Immerhin ist die Bibliothek reichhaltig – bietet sie doch die Ausgaben aller österreichischen Autoren – und demnächst darf ich mich glücklich schätzen, in der österreichischen National- mannschaft aufgenommen zu werden. Ist ja auch schon was, oder? In einer Bibliothek zu stehen und mit Größen wie Schnitzler, Kafka, Kraus, Zweig und wie sie alle heißen, zu spielen. Vermutlich werden die Alteingesessenen ihre Nase rümpfen, ob meiner mäßigen Spielpraxis und (viel schlimmer) der (Profi-)Vereinslosigkeit, aber vielleicht kann ich ihnen den Schneid abkaufen, im Training. Puste sollte ich genug haben und die Zuschauer haben auch noch ein Wörtchen mitzureden.

Jetzt aber hurtig – in gut einer dreiviertel Stunde werden die Schweden in England einfallen (und vermutlich alles leer saufen). Nein, nein, gespielt wird ja in Deutschland (ob die Biervorräte reichen werden?) und nur auf dem grünen Rasen. Ich gönne mir heute eine Packung Chips und ein Döschen dieser kohlensäure- und koffeeinhältigen Limonade, für die ich eigentlich keine Werbung machen möchte, weil es doch nur schwarzes Gift ist (in Tschechien nennen sie es neuerdings "Ghana"), aber hin und wieder sollte mein Körper damit zurecht kommen. Und bevor ich einen Ausschluss riskiere, lass ich mich für heute lieber auswechseln. Da ich ja ein famoses Tor geschossen habe, dürfen Sie mich jetzt beim Abgang beklatschen. Das tut man so. Hoffentlich nicht nur am grünen Rasen – der mir eindeutig zu rutschig war – die Standfestigkeit hat enorm gelitten! Höre ich da Pfiffe? Ja, die (lesenden) Fans sind auch nicht mehr das, was sie einmal waren.

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Epilog: Was für ein Fußballspiel! In der ersten Hälfte dachte man, die Engländer verdreschen die armen Schweden, machen mit ihnen, was sie wollen. Und in der
zweiten Hälfte? Da dachte man, die Schweden verdreschen die armen Engländer, machen mit ihnen, was sie wollen. Nach 90 Minuten ging die Partie unentschieden aus – und Trinidad & Tobago verlor gegen Paraquay – und ich bekam keinen
Anruf von Rowohl ...