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Donnerstag, 21.September 2006 - 16h04
© Richard K. Breuer

 

Es gibt einen guten Grund zu schreiben (und zu feiern): die Fertigstellung der neuen WebSite. Nein, neu kann man sie beim besten Willen nicht nennen – eher eine Überarbeitung im großen Stil. Benutzerfreundlichkeit vor Ästhetik! Meine Güte, wenn ich das höre, dreht es mir den Magen um. Gottlob dampft bereits das Espresso-Kännchen am Herd. Und der Gugelhupf, der wartet auf mich.

Über die Benutzerunfreundlichkeit in Zeiten des World Wide Web.


Als ich anfing vor einiger Zeit meine WebSite 1668.cc „professionell“ zu designen (basteln), gab es nur eine zentrale Aufgabe, die sie zu erfüllen hatte: sie muss gefallen. Und Eindruck machen. Gesagt, getan. Ich begann wie verblödet quadratische Tabellen so zu gestalten, dass sie nicht gleich als quadratische Tabellen zu erkennen waren. Ich suchte nach (lizenzfreien) Fotos und Bilder (wenn es nur so einfach wäre: Icons, ClipArts, JPGs, GIFs, Thumbnails, animierte GIFs, smart ClipArts usw.) und nach Möglichkeiten, um diese in ein gefälliges Ambiente, passend zum Inhalt zu setzen. Dann die schwierige Aufgabe, meine Geschreibsel (das Buch Rotkäppchen 2069 war damals nur angedacht) ins rechte Licht zu rücken. Für meine drei Manuskripte (später kam noch das Verleger-Seminar dazu) wurde eine eigene visuelle Sprache gesucht und (verblüffenderweise) in kurzer Zeit gefunden. Aber die bis dahin so „erfolgreiche“ WebSite dasverloreneherz, die mein Privates ein wenig zu erhellen versuchte, passte nicht ins „professionelle“ Konzept. Was tun? Ich entschied mich, sie trotzdem aufzunehmen (weil ich so stolz war, vom Layout und von den Zeichnungen der Karla Teichmann). Dann die Frage nach den Weblogs (da hab ich einige – dumm, dass ich mich nicht oft um sie kümmere). Wohin damit? Also auch noch den einen oder anderen Link eingefügt. Moment, der Kaffee ruft – bin gleich wieder da ...

Kaffee und Kuchen – was gibt es Feineres? Jetzt lass ich mal die Hose runter: ich gestehe nämlich, während der süßen Jause mir das Fernsehprogramm vorzunehmen und zappe herum. Viel Auswahl gibt's bei mir nicht – aber es reicht, um zu bemerken, dass die Sendeanstalten meinen, am Nachmittag es nur mit verblödeten Langschläfern zu tun zu haben. Am liebsten sind mir die rufen Sie an, wenn Sie mitspielen und gewinnen wollen. (ich erkenne die Ähnlichkeiten zum Nachtprogramm, wenn einem eine vollbusige Russin ins Ohr säuselt, dass man sofort anrufen soll, wenn man mitspielen will) Unterste Schublade! Zum Aggressiv werden. Da sind mir die luftig leichten SitComs allemal lieber. Zumeist sind es sowieso nur Wiederholungen, aber es reicht, um mich während der süßen Jause gut zu unterhalten. Nach ein paar Minuten ist der Kaffee getrunken, der Kuchen (Wien: Gugelhupf) gegessen – dann geht es wieder weiter, mit der Arbeit.

Also auch einen Link für meine private Site eingefügt und begonnen, das Sammelsurium zu ordnen, ohne mein ästhetisches Empfinden über Gebühr zu strapazieren. Meine Güte, wie oft verschiebe ich da ein Kästchen um zwei Millimeter um danach festzustellen, dass es noch weiterer zwei Milli- meter bedarf. Aber dann stellt sich heraus, dass damit das Gefüge in Un- ordnung gebracht wird und schiebe wieder zurück. Aber an der alten Stelle gefällt es mir noch immer nicht, also verschiebe ich das Ganze diesmal um einen Millimeter ... und so geht das Spielchen eine halbe Ewigkeit dahin. Glücklich, wenn ich am Ende zufrieden bin. Und das war (und bin) ich auch. Nur eines wurde mir (unter vorgehaltener Hand, ganz leise, sehr subtil) hin und wieder gebeichtet: die Benutzerfreundlichkeit lasse zu wünschen übrig. Meine Reaktion: ich stampfe (innerlich) wie Rumpel- stilzchen und frage mich, was denn verdammt noch mal so schwer ist, ein paar Bildchen anzuklicken. Ehrlich, da sag ich mir: wer braucht solche Gäste, die du nach Hause einlädtst und nur weil sie das WC nicht auf Anhieb finden, einfach gehen? Wenn ich mich schließlich beruhigt habe, zucke ich mit der Schulter (eine Lieblingsbeschäftigung von mir) und tue die unerfreuliche Sache ab. Kümmert mich nicht, sage ich leise und bewundere dieses formvollendete Layout (das mir natürlich bald altbacken und sperrig vorkommt). Herrlich! Meckere über die Leutchen, die in kürzestmöglicher Zeit alles (und jeden) inhalieren wollen. Ich mache meine WebSite für Menschen mit Muße und nicht für Info-Saugende-Nerds!

Im April 2005 veröffentliche ich die WebSite 1668.cc. Großes Herzklopfen. Hin und wieder kommen Rückmeldungen. Durchaus darf ich mir auf die Schulter klopfen. Das Feedback ist durch die Bank positiv. Doch mit der Zeit fällt mir auf, dass die Leute zwar meine Seite besuchen, aber nicht in die Tiefe vordringen. Gestern war es, als ich feststellen durfte, dass meine Biographie nicht gefunden wurde bzw. nicht gefunden werden wollte. Und wie ich auf 1668 gekommen bin, nun, das wissen noch immer die Wenigsten, obwohl es klar und deutlich gesagt wird. Peinlich! Peinlich für mich! Deshalb habe ich mich nun entschlossen, meine Seite benutzer- freundlicher zu machen. Einfacher hingeschrieben, als getan. Denn der ästhetik-fetischierte Perfektionist in mir ängstigt sich vor solch einer (zeitlich begrenzten) Aufgabe. Wie soll man das unter einem gut aussehenden Hut bringen? Noch dazu ein Hut, der vielen passen soll?

Das Ergebnis kann jetzt begutachtet werden. Ich habe mir (im Moment) nichts vorzuwerfen. Alle sind zufrieden: der Autor, der Verleger, der Geschäftsmann, der Designer, der Grafiker – all diese wunderlichen Seelen, die in mir wohnen und arbeiten. Ja, immer gibt es einen Punkt, wo man sich zufrieden zurück lehnt. Und immer gibt es einen Punkt, wo man sich unzufrieden nach vor lehnt. Die Zeit ist es, die einem die nötige Distanz zum Gemachten schenkt. Glücklicherweise habe ich meine (damaligen) Gedanken niedergeschrieben, kurz bevor ich die WebSite ins Netz stellte. Und so soll es auch diesmal sein.
Jede Zeit hat ihre Gedanken.
Wie spät ist es?

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