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Freitag, 12. Jänner 2007 - 18h42
© Richard K. Breuer
Mein Leben als Leser ist ein schmales Buch von Nick Hornby und ich geh jetzt mal davon aus, dass Sie ihn kennen (About a boy? Klingelt's?) Hornby erzählt darin, welche Bücher er gekauft und welche er gelesen hat und wie sie ihm gefallen haben – im Monats- rhythmus (das deshalb, weil die Beiträge in der Literaturzeitschrift Believer abgedruckt wurden). Sein Stil, nun ja, er erinnert einen frappant an eine bloggende Plauderei. Freilich eine sinnvolle, intel- ligente, erwachsene, aber immer amüsante, augen- zwinkernde. Deshalb dachte ich mir, hey, das kann ich auch. Wofür hab ich ein Blog? |
Der einzige Unterschied besteht wohl darin, dass er dafür bezahlt wurde und ich es umsonst mache. Oder sollte es an dieser Stelle nicht gratis heißen? Ein weiterer Unterschied (ja, jetzt müsste ich das Wort einzig im ersten Satz ersetzen, aber das mach ich nicht. Warum? Weil ich nicht will. Ist ja schließlich mein Blog, oder?) besteht freilich darin, dass seine Texte 134 Lektoren (können auch mehr sein) Korrektur gelesen haben. Ich tippe sogar auf etwaiges Ghostwritertum: „Nick, wir brauchen noch drei Seiten.“ „Dann schreibt euch doch den Scheiß selber, wie wär das?“ Falls mein Beitrag gelesen wird, könnte die Leserin (ich geh davon aus, dass ich, nein, mein Text, nur von der besseren Hälfte gelesen wird – oder wollen Sie, dass Ihre Beiträge von der schlechteren Hälfte gelesen wird? Na also.) natürlich feststellen, dass es auch einen kleinen Unterschied in der Sprache, in der Formulierung, im Stil gibt. Und? Ich bin genauso ein Schriftsteller wie Nick. Ich sauge fremde Stile und Formulierungen in mich auf und kleckse (kacke?) sie zurück aufs Papier. Nicht einmal, dass ich nach den ersten Seiten einer Lektüre diese hocherfreut in die Ecke pfeffere und mir sage, das kann ich auch. Minuten später sitze ich am/beim Schreibtisch und beginne ein Blatt einzuspannen. Das ist jetzt übertragen gemeint, denn ein Spanner, ein Papier-Einspanner bin ich seit etwa zwanzig Jahren nicht mehr (das war damals, als es noch galt, sich die Finger auf der mechanischen Schreibmaschinentastatur zu brechen). Jedenfalls (das Wort jedenfalls wird zumeist dann verwendet, um den Faden wieder aufzunehmen. Abschweifungen sind eigentlich ein Ärgernis, wenn man wissen möchte, wie es weitergeht. Wenn es aber gar keinen roten Faden gibt, wenn die Abschweifung Teil des Erzählens ist, dann, ja, dann ... weiß ich auch nicht mehr weiter, weil ich nicht weiß, was ich jetzt sagen wollte. Wissen Sie's vielleicht? Dann schreiben Sie mir doch bitte. Ich würde mich freuen. So! Dass sie mir schreiben sollen, ist, natürlich, nicht ernst gemeint – falls es Nick Hornby schreibt, wissen Sie es, weil kein normalsterblicher und bei allen Sinnen seiender Mensch einer berühmten Bekanntheit oder bekannten Berühmtheit schreiben würde, wenn diese Ihnen – und zehn Millionen anderen – über ein Buch oder Zeitungsartikel ausrichten lässt, sie möchten doch so freundlich sein, ihr zu schreiben. Oder haben Sie das schon mal gemacht? Falls ja, dann täte mich nur noch interessieren, ob Sie alle Sinne beisammen haben ... Jedenfalls sitze ich dann am/beim Schreibtisch und tippe wie verblödet die ersten Zeilen. Keine fünf Minuten und ich muss feststellen, dass es gar nicht so einfach ist, einen Stil zu kopieren (noch dazu, weil man das Buch nicht mehr findet, verpfeffert sozusagen). Zumeist wird daraus ein eigener. Irgendein Bastard. Hässlich, aber treuherzig. Und so hab ich mir gedacht, ich schreib wie Nick Hornby. Am besten über Bücher. Wenn er das kann, ja, dann kann ich das schon lange. Jetzt stellt sich gleich mal die Frage, wie ich zu diesem Buch gekommen bin. Ja, die Frage ist gut und gehört gestellt. Die Antwort hat mit einer Frau zu tun (aha, die Leserin ist aus der Lethargie aufgewacht. Mir geht es zu meist, nein, immer so, wenn ein Mann von einer Frau spricht und geheimnisvoll tut. Steckt da nicht mehr dahinter? Gibt es diese Frau? Kann ich diese Frau treffen? Ob der Autor ihre Telefonnummer verrät. Ja, solche Gedanken mach ich mir dann. Sie nicht? Warum nicht? ). Diese Frau, um die es geht, hat wiederum mit einem Blog zu tun. Und um eine Geschichte nicht unnötig in die Länge zu ziehen (andererseits – es kostet nichts extra! Nur Ihre Zeit – und freilich meine, aber ich hab gerade nicht viel zu tun. Warum glauben Sie sonst, schreib ich das Zeug?), verrate ich ihnen, dass ich diese Frau treffen durfte. Und jede gute Verabredung führt irgendwann einmal in eine Buchhandlung. Dort kann man(n) ganz gut feststellen, in welche Richtung eine Verabredung führt. Geht sie in die linke Ratgeber-Ecke („Männer sind vom Mars!“ oder „Warum sind alle Männer Arschlöcher?“) vergessen Sie die Frau. Geht sie in die rechte Ratgeber-Ecke („Wie finde ich den richtigen Mann zum Heiraten?“ oder „Baby-Erpressung und wie es funktioniert“), vergessen Sie die Frau. Nur wenn die Kleine (nein, klein muss sie nicht sein, aber bitte volljährig – wir verstehen uns!) zum Ratgeber „Wie bring ich ihn ins Bett?“ greift, dann haben Sie's geschafft. Meine Verabredung ging jedenfalls (aha!) nirgendwohin, sondern sah mir nur über den Rücken, was mich doch einigermaßen nervös machte. Als Schriftsteller hast du einen Ruf zu verlieren. Welchen? Moment, ich denk gleich darüber nach, okay? Jetzt muss ich mich outen. Ja, das muss ich. (sie werden sich fragen, warum ich mich wiederholend bestätige. Das ist eine kleine Marotte von mir. Ich glaube, sie ist nicht ansteckend. Den Befund bekomme ich aber erst morgen.) Ich habe die größten Probleme, Bücher zu finden, die mir gefallen. Ich seh mir den Titel an, seh mir das Cover an, nimm es in die Hand, schlage die erste Seite auf, lese den ersten Satz und lege das Buch angewidert zurück. Dabei betrifft diese Vorgehensweise ausnahmslos junge Autoren. Bei genauerer Betrachtung würde ich sogar soweit gehen, dass es reicht, wenn die Verfasser der Bücher noch (einigermaßen) am leben sind. Ich befürchte, es ist ein Neid unter Berufskollegen. Erst mit dem Buch von Nick Hornby musste ich erschreckt feststellen, ja, das musste ich, dass er unbefangen alle möglichen und unmöglichen Bücher liest, die ihm unterkommen. Kein Wunder, denk ich mir, dass er dann gute Romane schreiben kann (ich kenn nur Hi-Fi). Würde ich alle Bücher lesen, die ich gerne lesen würde wollen, wenn ich sie denn lesen würde können, dann wär ich ein gemachter Schriftsteller. Dann bräuchte ich nur ein paar Zeilen aus diesem Buch und ein paar Zeilen aus jenem Buch kopieren, ein wenig verändern, ein wenig hinzufügen, kürzen und flugs ist der neue Bestseller fertig. Wo war ich stehen geblieben? Jedenfalls kaufte ich Hornbys Buch und hab es nicht bereut. Bis jetzt jedenfalls nicht. Denn wenn Sie mir nun sagen, nach Lektüre dieses Plagiats, dass ich nie wieder auch nur eine Zeile zu Papier (oder sonstwo) bringen sollte, weil ich nichts verstünde, vom Schreiben und vom Lesen, dann, ja, dann werde ich natürlich den Kauf des Buches bereuen. Aber soweit sind wir nicht (weil ich ja gerade diese Zeile schreibe und sie es demzufolge nicht lesen können – und falls doch, nun, dann wäre das Zauberei, Hokuspokus ... oder ein Wurmloch im Universum. Fragt sich nur in welchem? In Ihrem? In meinem? Soll ich mal nachschauen?). Und weil sich das Hornby Büchlein dem Ende neigt, musste ich mir neuen Stoff besorgen. Aber auf Grund dieser Neider-Sache verbringe ich die Stunden im Buchladen damit, Bücher angewidert auf- und zuzuklappen. Ach, wie gerne würde ich ein Buch finden, das mich in den Bann zieht, das mich nicht mehr loslassen möchte. Das ich immer und überall lesen möchte. Stefan Zweigs Joseph Fouché war so ein Buch. Mehr zufällig gekauft. Lange Zeit bei mir herumgelegen. Zufällig zu lesen begonnen. Und mit einmal – ZACK! – bin ich ein Gefangener der Seiten. Was, wenn mir das öfters passieren würde? Die Welt wäre allerherrlichst. Denn, wer ein gutes Buch mit sich führt, der kann unmöglich einsam sein. Und das ist heutzutage schon viel wert. Ja, sehr viel. Und heute, nach langem Schmökern und Herumstöbern, fand ich sie, die Bücher. Nein, gelesen hab ich sie noch nicht. Werd ich aber. Und dann? Dann werd ich meine Erlebnisse hier zum Besten geben. Ich wette, Sie können es gar nicht erwarten. Ja, so geht's mir auch. Meistens jedenfalls ...
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